Verbandsliga A, Runde 9 – Saisonfinale

Schwarz am Zug. Wie ist die Stellung einzuschätzen?

Beim heutigen Heimspiel gegen Eckernförde war die Situation insofern besonders, dass beide Mannschaften theoretisch noch aufsteigen konnten, dies aber praktisch kaum zu erwarten war, da dafür zumindest eine Niederlage des Husumer SV (Tabellenerster) gegen Elmshorn II (Tabellenletzter) nötig war – äußerst unwahrscheinlich. Insofern war die Stimmung eher nicht einem „Aufstiegskrimi“ entsprechend, sondern wie folgt zu beschreiben: Bei schönstem Wetter gemütlich etwas Schach um die goldene Ananas spielen.

Zu der Erkenntnis, dass es bei so einem Wetter gar noch attraktivere Freizeitmöglichkeiten als Schach geben könnte, schienen Jens (Brett 1) und sein Gegner dann relativ schnell gelangt zu sein. Jedenfalls einigten sie sich nach etwas weniger als einer Stunde bereits auf Remis, obwohl die Stellung im Mittelspiel gerade richtig interessant wurde. Nun geschah einige Zeit nichts, bis Clemens (Brett 8) bei seinem ersten Spiel in der Ersten nach ganz ordentlichem Spiel doch Lehrgeld zahlen musste. Irgendwann war eine Figur weg und dieser Nachteil ließ sich nicht mehr aufholen.

Zwischenstand 0,5:1,5. Der Wettkampf war an den übrigen Brettern aber zumeist noch vollkommen offen (eine grobe Rekonstruktion aus dem Gedächtnis): Ich stand an Bretter 2 besser, aber nicht auf Gewinn. Michael (Brett 3) hatte 1 oder 2 Bauern weniger, dafür aber Spiel gegen den gegnerischen König, Ausgang vollkommen unklar. Stephan (Brett 4) hatte 1 oder 2 Bauern mehr, wofür sein Gegner aber eine hohe Figurenaktivität hatte, Stellung ebenfalls unklar. Börge (Brett 5) stand optisch zunächst ganz gut, wobei sich nach einiger Zeit sein Springer undeckbar ins gegnerische Lager verirrte, vielleicht ging hier aber taktisch etwas? Yorrick (Brett 6) stand ebenfalls aussichtsreich, hatte aber horrende Zeitnot und keinen direkten Gewinnweg. Andreas (Brett 7) hatte 1 oder 2 Bauern weniger, konnte aber zumindest etwas Aktivität generieren, hier sollte die Parte aber langfristig für Eckernförde gewonnen sein.

Von diesen vielen unklaren Stellungen beendeten zuerst Stephan (Brett 4) und sein Gegner die Ungewissheit mit einem spannungslösendem Remis. Schade, denn zwischenzeitlich schien mir Stephan positionell doch vorteilhaft zu stehen (vielleicht war das aber auch eine Fehlwahrnehmung und die gegnerische Aktivität hat die positionellen Vorteile Stephans aufgewogen). Neuer Zwischenstand 1:2.

Dann verlor leider Yorrick (Brett 6). Ihm war es gelungen, einen starken Springer auf e6 einzupflanzen. Sein Gegner suchte sein Heil dann sofort in einem taktischen Gegenschlag, infolgedessen der Springer getauscht und eine Figur für zwei Bauern geopfert wurden. Yorrick hatte nun zwar eine Figur mehr, musste aber viele Schwächen verteidigen und die Initiative ging auf den Gegner über. Wie die Stellung objektiv einzuschätzen war, weiß ich nicht; praktisch gesehen war sie für Yorrick jedenfalls nun deutlich schwieriger zu spielen und in Zeitnot konnte er nicht mehr alle Probleme lösen – 1:3.

Die Vorentscheidung war dies aber nicht, da Börge (Brett 5) den besseren Überblick im Taktikdschungel behielt. Bei korrektem Spiel hätte sein Gegner wahrscheinlich den auf h4 verirrten Springer abholen und damit die Partie gewinnen können. In den vielen taktischen Fallstricken verhedderte er sich aber, sodass nach einem Figureneinsteller plötzlich alles ganz schnell ging – nur noch 2:3.

Nun hätte Michael vielleicht sogar den Ausgleich erzielen können (siehe Aufgabe). Wie die komplexe und – bei beidseitig genauem Spiel – letztlich ausgeglichene Stellung genau erreicht wurde und wie der Partieverlauf bis dahin zu bewerten ist, vermag ich nicht genau zu sagen. Die Partie nahm in Zeitnot nun folgenden Verlauf: 1. …Txf7! 2. Dxf7 Db7! 3. Sd5! (3. f3 Lc5+) Txd5 4. De8+! Kg7 5. Tc4? (5.Dc8! mit Ausgleich laut Computer) Td8? mit baldigem Remis durch Dauerschach; stattdessen hätte 5. … Te5 6. Tg4+ Tg5 7. Txg5 fxg5 Schwarz in Vorteil gebracht (auch wenn es noch ein langer Weg zum Sieg gewesen wäre). Das Remis erscheint aber insgesamt als das gerechte Ergebnis für diese interessante Partie.

Kurz darauf konnte ich (Brett 2) meine Stellung gewinnen. Mein Gegner hatte sich eigentlich die ganze Partie über in der Defensive befunden, wobei ich aber keinen entscheidenden Vorteil / Durchbruch ausfindig machen konnte. Im Mittelspiel-Endspiel gab mir mein Gegner dann aber die Möglichkeit eine Figur für zwei Bauern zu opfern. In der Folge erhielt ich zwei sehr starke Freibauern, später noch einen dritten Bauern und die Koordination der gegnerischen Figuren blieb problematisch, sodass ich dann schon bald taktisch einen Bauerndurchbruch und damit den Partiegewinn initiieren konnte – Ausgleich zum 3,5:3,5.

Nun hing alles an der Partie von Andreas (Brett 7). Er war inzwischen in einem Turmendspiel, das für den Gegner gewonnen sein sollte, wobei es mir aber noch nicht ganz klar war, die eine oder andere Ressource schien mir in Andreas‘ Stellung noch zu stecken. Leider reichten diese offenbar nicht, sodass Andreas nach langem Spiel schließlich zum 3,5:4,5-Endstand aufgeben musste.

Insgesamt also ein verdienter Sieg für Eckernförde in einem engen Spiel. Da Husum wie erwartet gewonnen hat, ist diese Niederlage folgenlos, da wir den 1. Platz so oder so nicht mehr hätten erreichen können. Wir sind nun zwar in der Endtabelle vom 2. auf den 4. Platz abgerutscht, was für mich aber auch keinen Unterschied macht.

Fazit und Statistik der Saison:

  • Meister und damit Aufsteiger in die Landesliga ist der Husumer SV: Herzlichen Glückwunsch!
  • Absteigen müssen Elmshorn II und Flensburg II.
  • Erfolgreichster Spieler unserer Mannschaft war Börge mit 7,5 Punkten aus 9 Spielen, was einer Leistung von >2000 DWZ entspricht, gleichzeitig ist er damit der erfolgreichste Spieler der Verbandsliga A – eine starke Leistung!
  • 5 Spieler haben alle 9 Spiele gespielt, 2 Spieler haben 7 Spiele und 1 Spieler 6 Spiele gespielt. Wir hatten also eine stabile Stammacht, wobei wir aber auch zweimal ein Brett kampflos aufgeben mussten (den Wert würde ich nächste Saison gerne bei 0 sehen).
  • Mit dem Saal des Bürgerhauses haben wir endlich einen angemessenen und zuverlässig verfügbaren Spielort gefunden (hoffentlich auch in der nächsten Saison).
  • Weitere Statistiken gibt es beim Schachverband.
  • Letzte Saison haben wir in der Verbandsliga B gespielt (Einteilung nach geographischen Gesichtspunkten). Da wir nun den direkten Vergleich haben, würde ich sagen, dass die Verbandsliga B doch etwas stärker ist.
  • Insgesamt bin ich mit dieser Saison zufrieden, ich freue mich nun auf die nächste Saison, wobei ich gespannt bin, ob wir dann in der A-Staffel bleiben oder wieder in die B-Staffel eingruppiert werden.

Sören Koop