Verbandsliga A, Runde 8 – vor dem Saisonfinale

Schwarz steht auf Verlust. Mit welchem Zug kann er aber Weiß vielleicht noch zu Fehlern verleiten (in der Partie folgte danach tatsächlich eine beidseitige Fehlerkaskade)?

Gestern hatte unsere Erste ihr vorletztes Spiel der Saison in Schleswig (soweit ich mich erinnern kann, ist es das erste Mal, dass wir dort spielten). Die Bedingungen waren gut: Schönes Wetter und ein schönes Spiellokal. Lediglich dass wir nur zu siebt antreten konnten, trübte unsere Stimmung etwas. Wie sich dann aber zeigen sollte, war dies glücklicherweise kein großer Faktor.

Stefan (Brett 3) gewann nämlich schon recht schnell in weniger als 2 Stunden. In der Eröffnung hatte er einen Bauern für Initiative geopfert, diesen im Mittelspiel zurückerobert und dabei eine leichte Initiative behalten. Die Stellung war aber natürlich noch längst nicht gewonnen. Etwas überhastet versuchte Stefans Gegner nun aber den Druck durch doppelten Turmtausch zu verringern und übersah dabei, dass am Ende des Tauschs ein gefesselter Springer mit einem Bauern angegriffen werden kann und der dahinter stehende Läufer nicht mehr gedeckt war. Folgerichtig gab er wegen des Figurenverlustes auf.

Kurz darauf brachte uns Börge (Brett 5) mit 2:1 in Führung. Sein Gegner hatte mit Schwarz etwas passiv gespielt, sodass Börge gut aus der Eröffnung gekommen war. Bei meinem nächsten Rundgang hatte er schon eine Mehrqualität sowie ein aussichtsreiches Bauernpaar am Damenflügel im Übergang zum Endspiel. Dem konnte der Gegner nicht mehr viel entgegensetzen, sodass auch er bald aufgab.

Yorrick (Brett 6) beendete als Nächster seine Partie mit einem Remis. Seine Stellung gefiel mir zwischenzeitlich ganz gut, vielleicht stand er sogar schon besser (?). Viel mehr habe ich nicht mitbekommen, sodass das Remis ohne spektakuläre Ereignisse wahrscheinlich auch folgerichtig war.

Beim Stand von 2,5 zu 1,5 für uns gelang Olaf (Brett 7) mit einem Sieg quasi schon die Vorentscheidung. In einem ruhigen d4-Aufbau hatte er früh einen Mehrbauern gewonnen, ohne dass der Gegner dafür eine Kompensation hatte (das Wie habe ich verpasst, würde mich bei der ruhigen Stellung aber wirklich interessieren). Die Partie verlief – soweit ich es mitbekam – weiterhin relativ ruhig, bis Olaf am Ende durch eine Springergabel eine Qualität und die Partie gewann, ein souveränder Sieg.

Somit spielten nur noch Michael, Jens und ich. Wir waren alle drei auf dem Papier favorisiert und vor der Partie hätte ich keine Schwierigkeiten damit vermutet, dass wir drei in Summe zumindest einen Punkt erspielen. Doch in der Partie sah das nun doch anders aus:

Jens (Brett 1) war mit Weiß im frühen Mittelspiel unter Druck geraten, ein Königsflügelangriff braute sich gegen ihn zusammen. Zum Glück noch rechtzeitig schaltete er auf Verteidigung um. Es wurde trotzdem brenzlig, da sein Gegner mit Figurenopfer Jens‘ König offen legte. Mehr als ein Dauerschach fand sein Gegner dann aber nicht, sodass die Partie mit einem Remis endete (hier würde mich tatsächlich die Computerbewertung interessieren).

4:2 und nur noch Michael und ich (Brett 2) spielten. Mein Gegner hatte die Eröffnung mit Weiß sehr scharf angelegt und ich geriet früh unter Druck, hier spielte ich zuerst fehlerhaft und erhielt eine klar schlechtere / verlorene Stellung. Mein Gegner revanchierte sich aber auch und stellte den Vorteil wieder ein (siehe Aufgabe). Die Partie gelangte nun in ein sehr komplexes Endspiel mit unterschiedlicher Materialverteilung (Qualität vs. Springer und zwei Bauern sowie weiterem Material auf beiden Seiten), sodass die Bewertungsamplitude des Computers auf Grund von langen Varianten mit überraschenden Wendungen wie ein Flummi fast schon zugweise auf und ab springt (wobei ich nie besser stand). Als am Ende noch Zeitnot hinzu kam, wurde ich Opfer der beiden sehr agilen gegnerischen Springer, da ich am Ende einer Schlagabfolge eine Springergabel übersehen hatte. Ein verdienter Sieg für meinen Gegner. Eine Randbemerkung: Das ist eine der ganz seltenen Partien, die mir trotz einer Niederlage Spaß gemacht hat, da die Stellung sehr interessant (komplex) war und da wir beide nach meinem Empfinden eigentlich ganz „vernünftig“ gespielt haben (auch wenn der Computer meinem Gegner 3 Fehler + 3 grobe Patzer und mir 7 Fehler + 2 grobe Patzer attestiert).

Dass wir nun nicht mehr lange um unseren Sieg zittern mussten, lag daran, dass Michael (Brett 4) fast zeitgleich mit meiner Niederlage gewann. Aus der Eröffnung heraus hatte er mit Schwarz eine positionell angenehme / leicht bessere Stellung erreicht. Die Frage war nun, ob die positionellen Vorteile tatsächlich entscheidend werden würden oder ob sein Gegner taktisch-dynamisch durchbrechen konnte. Sinnbildlich für diese Situation war, dass Michaels König auf e8 blieb, wo er am sichersten war. Im weiteren Verlauf konnte der Gegner zwar nicht entscheidend durchbrechen, aber immerhin Öl ins Taktikfeuer gießen. Michaels Stellung schien mir immer noch besser zu sein, sicher war ich mir aber überhaupt nicht mehr, ebenso wie ich keine Ergebnisprognose wagen mochte. Vielleicht tat ich Michael damit aber Unrecht und er hatte in Wirklichkeit alles unter Kontrolle, jedenfalls war er es, der die Partie letztendlich taktisch für sich entschied.

Mit diesem verdienten 5:3-Sieg stehen wir vor dem letzten Spieltag in der Tabelle auf Platz 2. An der Tabellenspitze ist alles sehr eng, sodass theoretisch noch 5 Mannschaften die Liga gewinnen können: Husum (12 Punkte), wir, Elmshorn, Burg (alle 11 Punkte) und Eckernförde (10 Punkte). Praktisch gesehen ist Husum aber schon so gut wie durch, da sie noch gegen den Tabellenletzten Elmshorn II spielen (0 Punkte). Es käme schon einem Schachwunder gleich, wenn Husum in diesem Spiel den Aufstieg noch verzocken sollte. Auch wenn unser letztes Spiel gegen Eckernförde in zwei Wochen damit wahrscheinlich nicht mehr allzu relevant sein sollte, würde ich das Spiel für einen Saisonabschluss trotzdem noch gerne gewinnen.

Lösung der Aufgabe: Der beste Versuch von Schwarz, Weiß aufs Glatteis zu führen, ist 1. …Le3+ (sofort 1. …Sxf7 scheitert an 2. Se7#). Weiß sollte auf dieses Schachgebot am besten mit 2. Kb2 reagieren. Nach 2. … Sxf7 3. Se7+ Kb6 4. Scd5+ Kb5 5. Txe3 (Computervariante) steht er vor allem wegen der zentralen Position seiner Figuren und der dubiosen schwarzen Königsstellung deutlich auf Gewinn. In der Partie folgte hingegen 2. Txe3? Sxf7 (die Stellung nach 2. Sxe3 2. …Sxf7 ist ähnlich zu bewerten) und der weiße Vorteil ist schon nicht mehr so groß. In der Folge spielten mein Gegner und ich nun eine sehr fehlerhafte Sequenz (in Klammern der beste Zug laut Computer; die langen, dazugehörigen Varianten lasse ich hier weg): 3. Te7? (Se7+) Sd8? (Sg5) 4. Sc7 Tc8? (Tb8) 5. S7d5?? (S7b5) Kd6 usw. (es folgte nun eine Sequenz von drei Zügen ohne Fehler, bevor wieder eine beidseitige Fehlerserie beginnt).