Landesliga Runde 9 – ein Lebenszeichen

Weiß am Zug (Lösung siehe unten).

Am heutigen Spieltag fuhren wir nach Lübeck, um gegen die 3. Mannschaft des Lübecker SV anzutreten. Obwohl wir auf dem Papier Außenseiter waren, war ich guter Stimmung – vielleicht lag es am Wetter oder auch daran, dass sich meine Bahn bei der Anfahrt nicht verspätet hatte. Im Nachhinein betrachtet nehme ich angesichts der Partien an, dass sich meine Mitstreiter ähnlich optimistisch gefühlt haben müssen.

Meine Partie (Brett 2) war allerdings fernab von Gut und Böse. Nachdem früh die Damen und ein Turmpaar getauscht waren, blieben mein Gegner und ich mit den Figuren jeweils in der eigenen Hälfte in Lauerstellung. Mein Gegner behielt dabei seine leichte Weißinitiative, die er zu keinem Vorteil verdichten konnte. Das Remis nach 28 Zügen und 90 Minuten war stellungsgerecht, wobei ich mich fragte, ob es im Mannschaftssinne gut war, da wir zu dem Zeitpunkt zwar an einigen Brettern ganz gut standen, aber gerade an den hinteren Brettern nomineller Außenseiter waren – der weitere Mannschaftskampf war jedenfalls noch vollkommen offen.

Diese Sorgen waren zum Glück unbegründet. Yorrick (Brett 6) spielte eine gute Partie, nahm früh einen Gambitbauern und behielt diesen. An einer Stelle hätte er ihn ins dann gewonnene Endspiel retten können. Doch er verpasste dies und tauschte. Auf diese Weise erlangte sein Gegner den Bauern zurück, Gewinnaussichten generieren konnte er aber nicht. Ein sehr sicheres Remis (bei dem sogar mehr drin war) gegen einen nominell deutlichen überlegenen Gegner war der verdiente Lohn für Yorrick.

Matthias (Brett 7) spielte als nomineller Außenseiter ebenfalls eine gute Partie. Positionell stand er bereits sehr gut, als er seinem Gegner ein kleines Zugeständnis machte. Immer noch aus einer Position positioneller Stärke bot Matthias lieber Remis. Rein von der Stellung her musste sein Gegner mit dem Remis zufrieden sein und nahm es an – für Matthias eine sehr gelungene Schachwoche (mit 2 Punkten aus 3 Mannschaftskämpfen seit dem 25. März).

Seine gute Stellung sogar gewinnen konnte dann Stefan (Brett 3). In der Eröffnung hatte sich sein Gegner früh mit h6 geschwächt. Nach einem Läufertausch auf e6 mit anschließendem fxe6 waren einige hässliche Löcher um den unrochierten schwarzen König entstanden. Stefan nutzte diese konsequent aus, wobei es für mich erstaunlich war, wie lange sei Gegner am Leben blieb und Stefan immer wieder mit Gegendrohungen belästigte. Stefan spielte aber umsichtig und so blieben es nur kleine Störfeuer und kein Flächenbrand. Als Stefan am Ende einen Turm mehr hatte und alle Leichtfiguren und die Damen getauscht waren, gab sein Gegner auf.

Die Führung hielt aber leider nicht lange. Denn an Brett 8 hatte Werner von Anfang unter Druck gestanden und im späten Mittelspiel dominierte dann das gegnerische Läuferpaar bei offenem Brett das Spiel. Werner verteidigte sich tapfer (ob es hier einmal eine gute Verteidigung gab, kann ich leider nicht beurteilen, da ich die Partie nur grob gesehen habe), musste sich aber letztlich geschlagen geben – ein überzeugender Sieg seines Gegners.

Beim Stand von 2,5:2,5 ging es nun in die entscheidende Zeitnotphase. Jens erzielte hier den ersten Big-Point an Brett 1 gegen IM Sergej Salov. Die Schlüsselstellung war die obige (siehe Diagramm), nachdem Schwarz gerade Lh6 gespielt hatte. Jens gewann nun durch die Kombination 1. Txf7 Kxf7 2. Dh5+ Kg8 (Kg7 3. Dg4+ Kf7 4. Tf1+ Ke8 5. Dh5+ Kd7 6. Tf7+ Se7+ 7. Kb8 Lxb7 8. Kxb7 Sf5+) 3. Dxh6 Lxc6 4. Dg5+ Kf7 5. Tf1+ Ke8 6. Lxc6+ Dxc6 7. Dg7 und weiß gewinnt den geopferten Turm zurück und hat ein klar gewonnenes Endspiel erreicht.

Michael (Brett 4) sicherte mit einem Remis zum 4:3 schon einmal einen Mannschaftspunkt ab. Die Stellung war die ganze Zeit sehr geschlossen und komplex. Beide Seiten versuchten vorteilhafte Stellungsöffnungen zu erreichen, die aber vom Gegner jeweils vereitelt wurden. Michaels Gegner hatte zudem mit akuter Zeitnot zu kämpfen, was seine Remisbereitschaft trotz des ungünstigen Spielrückstandes wohl erklärt.

Den Deckel zumachen konnte dann Stephan (Brett 5). Er hatte mit Weiß eine positionell gut angelegte Partie gespielt. Sein Gegner fand irgendwie nicht das richtige Rezept gegen Stephans Spiel am Damenflügel. Sein Gegenspiel am Königsflügel kam jedenfalls viel zu spät, als der Damenflügel schon entscheidend geschwächt war. Die schwarze Stellung kollabierte dann auch schon bald wie ein Kartenhaus und Stephan musste nur noch aufpassen vor lauter guter Zügen, nicht doch noch mal einen schlechten auszuwählen. Das tat er nicht und so stand unser zweiter Saisonsieg (5:3) fest.

Das Tabellenbild sieht nun etwas günstiger für uns aus als vor dem Spieltag, wobei zum Zeitpunkt dieses Artikels auch noch nicht alle Ergebnisse eingetragen sind. Bei noch 5 ausstehenden Runden gibt es zumindest theoretisch noch genügend Möglichkeiten, um Punkte für den Klassenerhalt zu holen. Bis einschließlich Platz 5 (von 12) sind meiner Einschätzung nach nämlich alle Mannschaften in der Abstiegszone (vier Mannschaften werden wohl mindestens absteigen müssen). Am besten wäre es also, wenn wir weitere Punkte gleich im nächsten Spiel am 1. Mai gegen den Elmshorner SC holen.