Heute spielten wir gegen die zweite Mannschaft des SK Ettlingen. Nach den Zahlen war Ettlingen leicht favorisiert, wobei das in dieser Liga ja nicht viel aussagt. So hatten wir uns auch vorgenommen, aus der Trendwende in der dritten Runde (erster Saisonsieg) nun einen Trend zu machen. Doch auch Ettlingen hatte sich offenbar was vorgenommen, denn es entwickelten sich an allen Brettern dramatische Partien. Deswegen lautet die Aufgabe nun auch mal nicht „Was ist der jeweils beste Zug?„, sondern „Wie werden die Partien ausgehen?“ Vorab der Hinweis, dass ich die Partien (bis auf meine) wieder nicht mit einer Engine geprüft habe und dass man Analysefehler gerne im Kommentarbereich korrigieren kann, falls meine Brille zu „Wrist-rosarot“ sein sollte.
- Jens hatte Weiß an Brett 1 oben links und ist am Zug.
- Ich (Sören) habe Schwarz an Brett 2 unten links und bin am Zug.
- Stephan hat Schwarz an Brett 3 oben rechts und ist am Zug.
- Börge hat Weiß an Brett 4 unten rechts und ist am Zug.
Die wahrscheinlich unerwarteten Antworten auf die Frage, wie die Partien jeweils ausgehen:
- Oben links gewonnen für Weiß.
- Unten links remis.
- Oben rechts remis.
- Unten rechts gewonnen für Schwarz.
Zuerst wurde Börge (unten rechts) fertig. Er hatte aus der Eröffnung heraus seinen Gegner unablässig und mit Risiko angegriffen. Das wurde belohnt und er hatte sich den leichten materiellen Vorteil (Springer und Läufer gegen Turm) erarbeitet. Die Partiefortsetzung war nun 1. Lxg7 Tg8 2. Le5 b4 3. Sf4 und Börge begann, langsam vom Pfad der Tugend abzuweichen. Er verlor den g- und h-Bauern, gewann dafür nur den schwarzen h-Bauern. In der weiteren Folge erlangte sein Gegner dann sehr viel unangenehmes Gegenspiel im Zentrum und gegen die Bauern am Damenflügel, da Börge seine Figuren nicht mehr gut koordiniert bekam. Dies führte dann leider zu seiner Niederlage und einem schwarzen Sieg. Sicherer und deutlich angenehmer zu spielen wäre in der Stellung vielleicht 1. a3 (gegen ein schwarzes b4 gerichtet) g6 2. Sd4 gewesen und die Stellung müsste meines Erachtens langfristig gewonnen sein.
Dann gewann Jens seine Stellung (oben links), obwohl die Diagrammstellung eigentlich furchtbar für ihn aussieht. Nach 1. Dxe2 Txe2 2. c3 Tbe8 3. cxd4 Lxd4 4. h3 Lf6 5. Lc3 Sf5 6. Tgd3 lebte Jens auf wundersame Weise noch. Hier entschied sich dann Jens‘ Gegner mit 6. …Se3 7. Lxf6 Sxd1 8. Txd1 Txa2 zu einem zweifelhaften Manöver. Diesen Materialvorteil (Springer und Läufer gegen Turm) verwertete Jens dann sicher, indem er schnell den c-Bauern gewann und damit einen unangenehmen, später auch durch den b-Bauern gedeckten Freibauern bildete. Nachdem sein Gegner durch eine Springergabel noch eine Qualität einstellte, war die Stellung endgültig aufgabereif.
Anschließend wurde Stephan oben rechts fertig. Seine Angriffsstellung mit Materialvorteil setzte er mit 1. … g4 2. hxg4 fxg4 3. Dc8+ (leider der Haken an der Idee) Df8 4. Dxg4 Txc3 5. Dd4 Tcxf3 6. Txf3 fort und der Angriff und die Qualität sind leider weg. Im weiteren Partieverlauf endete die Partie dann remis. In der obigen Stellung wäre eine langsamere Vorgehensweise mit 1. … Dg7 (deckt c7 und g5 bzw. g4 nach dem Vorrücken des Bauern) wohl besser gewesen. Die Partie müsste dann eigentlich gewonnen sein.
Es blieb also noch meine Partie. Nach zu schablonenhaft gespielter Eröffnung fand ich mich in einem passiven und schwierigen Mittelspiel wieder. Mir war klar, dass meine Stellung schlechter bzw. einfach schlecht war, sodass ich nach dem Motto „Tote dürfen alles essen“ den Bauern auf b2 mit der Dame schlug. Der bekam mir nur leider auch nicht und in der Stellung droht schon Damenverlust. Ich „rettete“ sie durch 1. … Sxe4 und hatte dann aber relativ kompensationslos (nur einen Bauern bei immer noch schlechter Stellung) eine Figur weniger. Ein paar Züge wollte ich noch spielen, ehe ich aufgeben wollte. Mein Gegner gab mir nun noch den f-Bauern, um sein Angriffsspiel weiter zu beschleunigen. Mit nun zwei Bauern für den Läufer war ich in der „Eiskugelrechnung“, die ich als Anfänger gelernt habe, nun gar nicht mehr so weit im Hintertreffen, sodass ich erst aufgeben wollte, wenn meine Stellung wirklich hinüber wäre (eine Rettungsidee kam mir nämlich hier schon, dazu aber gleich mehr). Als nach einigem Abtausch „nur“ noch der gegnerische Turm, Läufer und a-, c- und h-Bauern übrig blieben (ich hatte nur noch einen Turm und Bauern auf der a-, b- und c-Linie) hatte ich tatsächlich einen spielbaren Plan: Sein h-Bauer war der falsche Randbauer für seinen Läufer. Ich tauschte erfolgreich ein Bauernpaar am Damenflügel, doch den zweiten Bauern (den c-Bauern) tauschte mein Gegner nicht, um seine Gewinnchancen zu erhöhen. Doch dadurch erhielt ich mit Freibauern auf der a- und b-Linie ebenfalls gutes Gegenspiel. Nach einem echten, von Taktik geprägten Wettlauf hatten wir beide einen Bauern umgewandelt. Mir blieb nun nur noch die gerade erhaltene Dame. Meinem Gegner die Dame, der Läufer und der falsche Randbauer. Praktisch (mein Gegner hatte zudem nur noch wenig Zeit) und eigentlich auch theoretisch (wobei die Engine immer weißen Vorteil angezeigt hat, wobei ich das nicht ganz glauben mag) musste das ein Remis sein. Und so kam es auch: Ich konnte mit drohendem Dauerschach und einem Patttrick den Damentausch forcieren. Anschließend spielte mein Gegner die Stellung noch bis zum unausweichlichen, in Anbetracht der ganzen Partie sehr glücklichen Patt aus, sodass diese Partie beinahe meine erste „Seeschlange“ geworden wäre (Gesamtlänge 98 Züge, es fehlten also nur noch zwei Züge).
Fortuna zeigte in den Partien, die ebenso wechselhaft wie das Wetter der letzten zwei Wochen verlaufen waren, also wahrlich ihr wankelmütiges Wesen. Insgesamt ist 2:2 wahrscheinlich das gerechte Ergebnis. In der nächsten Runde am 5. März gegen die SU Ebersberg-Grafing würde ich dann aber gerne meine Nerven etwas mehr schonen und mehr auf Athene (u.a. Göttin der Weisheit, der Strategie und des Kampfes) denn auf Fortuna vertrauen. Die Tabelle und die übrigen Ergebnisse gibt es auf der Seite der DSOL.