Landesliga, Runde 7 – Totgesagte leben länger

Nach dem ersten Saisonsieg in der letzten Runde gegen Neumünster gelang es uns heute, im Heimspiel gegen Bad Schwartau nachzulegen. Damit wird der Abstiegskampf wieder spannend. Ob wir ihn tatsächlich überleben, ist natürlich eine andere Frage – dazu später mehr. Aber immerhin haben wir noch alle Chancen, was noch vor zwei Runden nicht mehr möglich erschien, da wir mit 0 Punkten aus 5 Spielen abgeschlagen Letzter waren.

Doch nun zum eigentlichen Spiel: Wir traten mit der besten Aufstellung der Saison an, was Bad Schwartau auf Grund eines kurzfristigen Ausfalls von sich nicht behaupten konnte. Brett 1 wurde freigelassen und wie schon gegen Neumünster gewann Jens damit kampflos. Relativ schnell einigte sich dann auch Wolfgang (Brett 6) auf Remis, nachdem er einen Bauern gewonnen hatte. Da er sich gesundheitlich angeschlagen fühlte, wollte er so schnell wie möglich seine Partie beenden. Das Remisangebot aus der Position der Stärke konnte sein Gegner kaum ablehnen. Die „Eröffnung“ des Kampfes bescherte uns nach ca. einer Stunde also schon eine 1,5:0,5-Führung.

Michael (Brett 7) baute diese dann aus. In der Eröffnung spielte sein Gegner mit Weiß zu passiv. Michael besetzte das Zentrum und begann Schwächen im gegnerischen Lager zu provozieren. Sein Gegner beschleunigte Michaels Spiel dann noch, indem er die Dame in seinen Königsflügel eindringen ließ; ein schnelles Matt war die Folge. Mir (Brett 2) war es dann vergönnt auf 3,5 zu 0,5 zu erhöhen. Ich hatte einen aggressiven Aufbau gewählt, bei dem ich zwischenzeitlich Angst hatte, dass mein weit vorgerücktes Bauernzentrum gesprengt werden könnte. Es ergaben sich dann auch bald kritische Momente, in denen ich auf Taktik setzen musste (Rückzug war nicht mehr möglich). Das einige Züge dauernde taktische Gefecht bot direkt und indirekt (als Drohung) alle möglichen Motive (Mattangriff, zwei Figuren gegen Turm, Bauerndurchbruch und -umwandlung, Damenopfer). In diesem Gefecht haben wir beide nicht immer optimal gespielt und Chancen ausgelassen (die Computer führen einem bei der Analyse immer gnadenlos die eigenen Fehler vor Augen). Am Ende ging ich aber mit einer Qualität mehr ins Endspiel und verwertete diese trotz einiger subtil drohender Springergabeln relativ sicher.

Eigentlich dachte ich, dass dies die Vorentscheidung gewesen sei. Rückblickend betrachtet war es das auch. Es dauerte aber doch einige quälend lange Stunden, ehe wir den Sack zumachen konnten. Denn zunächst verlor Volker (Brett 8). Er schien mir gut aus der Eröffnung gekommen zu sein, hatte dann aber ein paar Leichtfiguren falsch abgetauscht und brachte seinen Gegner immer stärker ins Spiel. Das genaue Ende habe ich dann leider nicht gesehen. Wieder einige Zeit später spielte Helge (Brett 3) dann remis. Er hatte sich eine gewonnene Stellung erarbeitet, übersah aber eine gegnerische Drohung und musste ein Dauerschach hinnehmen. Dieser Spielstand von 4:2 hielt lange. Eigentlich war Stefans (Brett 4) Stellung gewonnen, da sich sein Gegner kaum noch rühren konnte – ein Durchbruch war aber auch nicht leicht ersichtlich. Stephans (Brett 6) Endspielstellung (ungleichfarbige Läufer und Turm sowie einige Bauern auf beiden Seiten) erschien trotz Minusbauer eigentlich Remis, doch er erschwerte sich die Aufgabe erheblich, indem er es verpasste, seinen g-Bauern zu retten. Dadurch war ich mir nicht sicher, ob die Stellung nicht doch schon verloren sei. Stefan versuchte dann an Brett 4 den Durchbruch zu erzwingen und stellte Figuren auf Felder, auf denen sie von gegnerischen Figuren angegriffen waren, aber wegen diverser Fesselungen nicht geschlagen werden konnten. Trotzdem hatte ich beim Zusehen ein wenig Bedenken, da Stefan etwas nervös wirkte und ein folgenschwerer Patzer seinerseits möglich war. Doch Stefan patzte nicht, sondern tauschte nach einiger Vorbereitung die Damen und gewann in der Folge eine Figur und die Partie. Damit war das Spiel entschieden. Und auch Stephan hatte sich wacker verteidigt und konsequent auf Gegenspiel durch seinen a-Freibauern gesetzt. Am Ende war die Stellung erstaunlicherweise für ihn wohl sogar gewonnen. Doch Stephan war sich nicht ganz sicher und war nach der langen Verteidigungsleistung einfach nur froh über das wohlverdiente Remis. Damit haben wir letztlich 5,5 zu 2,5 gewonnen. Dieser Sieg – vor allem in der Höhe – war nicht unbedingt zu erwarten. So sehen es auch die Bad Schwartauer (siehe Kurzbericht auf deren Homepage).

In der Tabelle verlassen wir damit erstmals den letzten Tabellenplatz und liegen nun auf dem 9. Platz (siehe Tabelle und übrige Ergebnisse beim Schachverband). Das Ligaorakel korrigiert unsere Abstiegswahrscheinlichkeit nun auf „nur“ noch 35%. Diese Zahl ist aber nur bedingt aussagekräftig, denn sie fußt auf der aktuellen Tabellensituation, die sich noch verändern könnte, wenn dem Protest der Eckernförder im Spiel gegen Tura Harksheide stattgegeben wird. In dem Fall hätte Eckernförde einen Mannschaftspunkt mehr und wir wären wieder Letzter. Eine weitere Variable ist die Anzahl der Absteiger. Aktuell geht das Ligaorakel von nur einem Absteiger aus. Das hängt aber davon ab, ob Doppelbauer Kiel den Klassenerhalt in der Oberliga schafft. Deren Abstiegswahrscheinlichkeit hängt wiederum in gewissem Maße von der Frage ab, ob St. Pauli den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga schafft – ein echter Rattenschwanz. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn alles so bleibt wie jetzt (was theoretisch möglich ist), haben wir den Klassenerhalt geschafft. Praktisch halte ich diesen Fall für eher unwahrscheinlich, sodass wir noch punkten müssen. Wenn man davon ausgeht, dass wir unserer Außenseiterrolle gegen den Tabellenersten Tura Harksheide gerecht werden (also verlieren), dann läuft alles auf ein Endspiel am letzten Spieltag im Derby gegen Elmshorn hinaus. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und wage eine Prognose: Wenn wir dort gewinnen, halten wir die Klasse; ansonsten nicht. Die Chancen schätze ich 50:50.

Aber am liebsten würde ich mich schon in der Hinsicht irren, dass wir gegen Harksheide nicht verlieren sondern gewinnen. In drei Wochen (am 29. März) wissen wir mehr.

Sören Koop

Abschließend noch zwei Stellungen aus der Begegnung:

1. Koop – Schmid, Schwarz am Zug

 2. Hintze – Schwarz, Weiß am Zug

Lösungen:

  1. Nach bereits längerem taktischen Gefecht brauchte ich hier das letzte Mal Glück, wenn es das im Schach gibt. Mein Gegner spielte 1. … Lxf8? und verlor nach 2. a3!? (Db7+!) Sg8 3. Dd8!? (Db7+!) Dxd8 4. Txd8 Le7 5. Ta8 a5 6. Td1 f5 7. Td7 Sb6 8. Te8 Sxd7 9. exd7, das entstandene Endspiel ist für Weiß gewonnen.                        1. … Dxa2! wäre aber möglich gewesen. Hier hatte ich 2. Dxc4 geplant, doch nach 2. … bxc4! 3. e7 Da1+! 4. Kd2 Da4! kann der e-Bauer doch noch aufgehalten werden, was wir beide übersehen hatten.
  2. Stefan spielte 1. Df6! und gewann nach Dc7+ 2. Kh1 De7 3. Dxe7?! Txe7 4. c7 Txc7 5. Txd8+ den Springer und die Partie.                                                                 3. c7 wäre dagegen noch schneller gewesen.