Verbandsliga A, Runde 1 – Gut und glücklich gegen Glückstadt

Wie ist das Qualitätsopfer 1. Txd7 zu bewerten?

Gestern bestritt unsere erste Mannschaft das erste Spiel der Saison gegen Glückstadt – ein ungefähr gleichstarker Gegner und damit gleich eine Standortbestimmung. Wir konnten aber selbstbewusst in die Partie gehen, da wir eine gute Aufstellung hatten und sogar DWZ-favorisiert waren (wobei das ja nichts heißen muss).

Es wurde dann auch das befürchtet eng umkämpfte Spiel, dessen Ausgang sehr lange vollkommen offen war. Der Anfang war jedoch friedlich: Zunächst spielte Stefan (Brett 3) mit Schwarz remis. Soweit ich die Partie verfolgt habe, war dies das angemessene Ergebnis, da keine Seite in geschlossener Stellung einen entscheidenden Vorteil erringen konnte. Ebenfalls remis mit Schwarz spielte Yorrick (Brett 7); er hatte im frühen Mittelspiel einen Bauern gewonnen, hatte aber noch etwas Entwicklungsrückstand und Raumnachteil, sodass die Stellung wohl ausgeglichen war. Da beide Seiten „es wohl lieber nicht wissen wollten“, einigte man sich vorzeitig auf Remis.

Ein weiteres Schwarz-Remis erspielte Stephan (Brett 5). Meiner Wahrnehmung nach stand er einen Hauch angenehmer; da sich aber auch hier nichts Greifbares ergab, war das Remis folgerichtig. Den Remisreigen setzte dann Andreas (Brett 8) fort. Er hatte zwischenzeitlich eine Qualität eingestellt, dafür aber später ein oder zwei Bauern erobert und eine aktive Stellung erhalten – wobei sein Gegner auch Spiel hatte (persönlich schien mir Andreas bei einer oberflächlichen Betrachtung allerdings besser zu stehen, das kann aber auch eine Fehleinschätzung meinerseits sein). Beide Seiten scheuten aber auch hier das letzte Risiko und einigten sich lieber vorzeitig auf Remis.

Zwischenstand 2:2 und das Spiel näherte sich der entscheidenden Phase. Dabei hatte ich zwischenzeitlich die Befürchtung, dass die vielen halben Punkte durch Remis eher verlorene als gewonnene halbe Punkte seien, da wir an den anderen Brettern durchaus unklar bis kritisch standen.

Den Befreiungsschlag in dieser spannungsgeladenen Situation setzte dann zum Glück Börge (Brett 6): Gut aus der Eröffnung gekommen, griff er vielleicht etwas zu überambitioniert an und musste dann einige sehr unorthodoxe Verrenkungen machen, um einen Kollaps seiner Stellung zu verhindern (wobei man fairerweise sagen muss, dass auch die gegnerische Stellung nicht gerade sorgenfrei war). Das sah schon unklar bis suspekt aus und sein Gegner hat an der einen oder anderen Stelle wohl auch Chancen ausgelassen. Jedenfalls hatte Börge irgendwann eine Figur mehr (ich glaube nach einem versuchten Befreiungsschlag des Gegners), wehrte die Angriffe des Gegners ab und verwertete die Mehrfigur dann im Endspiel letztlich sicher.

Mit dieser Führung im Rücken spielte es sich leichter. Und vielleicht war dies auch ein Faktor, dass ich (Brett 2) meine wechselhafte (um nicht zu sagen fehlerhafte) und inhaltsreiche Partie letztlich gewinnen konnte: Ebenfalls gut aus der Eröffnung gekommen spielte ich nämlich im Mittelspiel auch nicht gerade optimal, aber noch im Rahmen. An einer Stelle habe ich mich dann in ein Qualitätsopfer „verliebt“ und es statt eines besseren Zuges gespielt, den ich auch in Betracht gezogen hatte (siehe Aufgabe). Ich hatte die Stellung aber falsch eingeschätzt und konnte bald nur noch abwartend verteidigen. Mein Gegner gab die Qualität kurz darauf zurück, um meine Stellung aufzubrechen und einen Bauern zu gewinnen. Bei Damen und ungleichfarbigen Läufern hielten sich die Drohungen nun aber die Waage. Mein Gegner wollte jedoch den Sieg erzwingen, übersah etwas und beging in Zeitnot dann den letzten, entscheidenden Fehler (laut lichess haben mein Gegner und ich insgesamt je 3 Fehler begangen, obendrein steht laut lichess auf meiner Seite ein grober Patzer, auf Seiten meines Gegners deren 2 – wie heißt es doch: „Der vorletzte Fehler gewinnt“…).

Dieses 4:2 war praktisch die Vorentscheidung. Jens (Brett 1) hatte zwar auch eine Qualität für einen Bauern geben müssen, um einen möglichen Angriff des Gegners im Keim zu ersticken, die Stellung war aber noch so geschlossen, dass ein Durchbruch für den Gegner nicht zu sehen war. Recht bald war auch diese Partie mit einem Remis beendet, sodass uns der Mannschaftssieg schon nicht mehr zu nehmen war.

Den Schlusshalbpunkt setzte dann Michael (Brett 4) mit seinem Remis. Im Mittelspiel hielt ich seine Stellung mit einem gedeckten Freibauern auf d6 eigentlich für klar besser. Der gegnerische Turm brach über über die a-Linie in Michaels Stellung ein und räumte dann nach und nach die weit vorgerückten Damenflügelbauern von hinten ab. Michael drang mit seinem Turm zwar ebenfalls hinter die gegnerischen Reihen vor, ich hatte aber ernste Zweifel, ob dieses Gegenspiel ausreichend war. Offenbar war es das aber, da beide Seiten sich vorzeitig auf das Remis einigten (dass das Spiel entschieden war, mag aber auch ein Grund gewesen sein).

Da wir in drei Partien jeweils eine Qualität weniger hatten und trotzdem keine einzige Partie verloren haben, kann man diesen 5:3-Sieg wohl als verdient und gleichzeitig etwas glücklich bezeichnen; der Saisonauftakt ist jedenfalls geglückt. Im nächsten Spiel am 19. November geht es dann nach Burg, die ihr erstes Spiel überraschend gegen Schleswig verloren haben. Die weiteren Ergebnisse und die (nach einer Runde kaum aussagekräftige) Tabelle gibt es beim Ergebnisdienst.

Lösung der Aufgabe: Das Qualitätsopfer ist nicht der beste Zug. Am besten wäre stattdessen 1. Td5 Tb5 (Sb6 2. Txe5) 2. Tgd1 Txb5 3. exd5 gewesen. Nach 1. Txd7 Dxd7 2. Lxc4 ist die Stellung „nur“ ausgeglichen (wobei ich die Stellung nicht optimal gespielt habe und zwischenzeitlich in Nachteil geraten bin). Am schlechtesten ist das Qualitätsopfer mit der Variante 1. Txd7 Dxd7 2. Lxe5. Hier habe ich sehr lange an den Verwicklungen von Lxe5 3. Dxe5 usw. überlegt (die übrigens auch nicht gut sind…), ehe mir auffiel, dass Schwarz eine noch viel stärkere und ästhetischere Fortsetzung mit 2. … Txb2 3. Lxb8 (3. Lxb2 Lxb2+ 4. Kb1 Le5+) Dd4 mit der vernichtenden Drohung Tb1+ nebst Db2# hat.