Landesliga Runde 1 – unschuldig schuldig

Schwarz am Zug (Lösung unten)

Eigentlich hatten wir gehofft, heute im Auswärtsspiel gegen den Eckernförder SC es der zweiten nachzumachen und zu gewinnen. Es war aber sicher ein enges und offenes Spiel zu erwarten, sodass mein persönliches Hauptziel war, nach der langen Corona-Pause erst einmal wieder die Freude am Schach zu erleben. Beides wurde von einem Eckernförder Spieler vereitelt bzw. stark vermindert, womit ich diesen Bericht auch untypischerweise unchronologisch beginnen möchte. Vorab folgende Bemerkung: Normalerweise bemühe ich mich um eine möglichst objektive Darstellung, wobei ich die Wrister Brille sicher nie ganz ablegen kann; der folgende Abschnitt wird dagegen nun aber deutlich subjektiver als üblich werden.

Man kann es clever, mannschaftsdienlich, regelkonform nennen – oder auch einfach  unsportlich. Was ist passiert? Stefan (Brett 3) war auf Grund der Bahnschranken und Parkplatzssuche 10 Minuten zu spät gekommen. So hat er nicht mitbekommen, dass wir vor Spielbeginn noch über das Handyverbot und das neue Smartwatch-Verbot in lockerer Runde gesprochen haben. Michaels Gegner an Brett 4 hatte Michael dabei sogar angeboten, dass er seine Smartwatch anbehalten dürfe (Michael hat sie aber dennoch abgenommen). Stefan hat auch nicht mitbekommen, dass wir seinem Gegner auf dessen Nachfrage, ob er entgegen der Fide-Regeln sein Hörgerät angestellt im Ohr lassen dürfe, dies natürlich erlaubt haben. Nach ca. drei Stunden Spielzeit hatte Stefan sich eine vorteilhafte bis gewonnene Stellung mit einer Qualität mehr erspielt (wobei man die Partie auch erstmal noch gewinnen muss). Dann fiel seinem Gegner ein, auf Sieg zu reklamieren, da Stefan eine Smartwatch trug. Stefan fiel aus allen Wolken, da er das Verbot nicht kannte. Es muss hier auch gesagt werden, dass er nicht betrogen hat, dass ihm das auch nicht vorgeworfen wurde und dass die Uhr auch kein störendes Geräusch von sich gegeben hat (deswegen auch der Titel). Einige kurze Diskussionen später stand fest: Sein Gegner beharrte auf der Reklamation, die Partie war verloren. Für uns hatte das einen sehr faden Beigeschmack, da wir bei seinem Hörgerät seiner Bitte entsprochen haben, da die Stellung wohl für ihn eigentlich verloren war (eine sportlichere Lösung wäre z.B. gewesen, zumindest noch ein Remis zu vereinbaren) und da dieses Ergebnis spielentscheidend werden sollte. Die Regel ist angesichts zunehmender Betrugsmöglichkeiten und -fälle (siehe z.B. mutmaßlich Clemens Allwermann 1999) absolut richtig. Nur stellt sich die Frage, ob man auf ihr im Amateurbereich angesichts der beschriebenen Umstände beharren muss oder ob man nicht sportlich kulant sein kann – vor allem, wenn man selbst vorher um Kulanz bittet und wenn auf der eigenen Vereins-Homepage in einer Vorausschau die Hoffnung geäußert wird, die neue Saison möge „hoffentlich am Brett“ gespielt werden (allerdings wurde dies von einem anderen Spieler geäußert). Aus unserer Sicht muss man ohne Betrugsverdacht im Sinne des Spiels nicht auf ihr beharren, aus unserer Sicht ist die Reklamation legal, aber in diesem Fall nicht legitim.

Gegen unsere Position könnte man nun einwenden, dass Regeln Regeln seien und dazu da, um eingehalten zu werden. Dem möchte ich entgegenhalten, dass dies nicht der finale Zweck von Regeln ist; das wäre ein ziemlich sinnentleerter Selbstzweck, wenn Regeln nur dazu da wären, um eingehalten zu werden (wobei ich jetzt nicht zu allgemeinem Regelbruch aufrufen will). Regeln sind allgemein dazu da, um ein friedliches Miteinander zu gewährleisten. Schachregeln sind nun im Besonderen dazu da, um ein einheitliches (z.B. in Bezug auf die Gangart der Figuren), störungs- und betrugsfreies Spielen zu ermöglichen, nicht aber um eine Möglichkeit zu schaffen, die Partie auch neben dem Brett siegreich zu beenden. In diesem konkreten Fall ist die Regel da, um eine Handhabe gegen Betrüger und Störer zu haben, ein Betrugsversuch oder eine Störung lagen hier aber nicht vor – eine Feststellung, die auch von den Eckernförder Spielern geteilt wurde…

Der eigentliche Spielverlauf unserer 4,5:3,5 – Niederlage war nun folgender: Wolfgang griff an Brett 5 mit Figurenopfer sehr zweischneidig an. Sein Gegner entschärfte den Angriff, indem er das Opfer ablehnte und einen Mehrbauern behielt. Wolfgang hatte allerdings gute Kompensation, da der Schwarze Monarch sein Ausgangsfeld nicht gut verlassen konnte. Beide minimierten in dieser scharfen und komplexen Stellung ihr Verlustrisiko, indem sie sich vorzeitig auf Remis einigten.

Jens spielte danach an Brett 1 ebenfalls remis. Er war mit seiner Partie nicht so ganz zufrieden und hielt seine Stellung sogar für leicht schlechter (laut nachträglicher Computeranalyse war sie aber wohl ausgeglichen), sodass er gerne das Remisangebot seines Gegners annahm.

Dann konnte ich in einer komplexen Partie an Brett 2 gewinnen. Mein Gegner ging druckvoll gegen mein Bollwerk vor und ich musste aktiv im Zentrum gegenhalten, um nicht erdrückt zu werden. In den sich dann ergebenden Verwicklungen kippte die Initiative dann zu meinen Gunsten. Im weiteren Partieverlauf haben wir beide wohl vereinzelt nicht ganz optimal gespielt. Es ist aber eine Binsenweisheit, dass angreifen leichter als verteidigen ist und so beging mein Gegner letztlich doch einen entscheidenden Fehler, der mir ein schönes Matt erlaubte (danke nachträglich, dass ich es ausführen durfte).

Beim Stand von 2:1 folgte dann die bereits beschriebene Reklamation an Brett 3 zum 2:2. Dann verlor auch noch Stephan K. an Brett 6. In einer sehr zweischneidigen Partie hatte er einen Bauern für Angriff geopfert. Das sah zwischenzeitlich sehr gefährlich aus, aber ihm gelang leider kein entscheidender Schlag. Das genaue Partieende habe ich dann leider nicht gesehen, nehme aber an, dass sich der Mehrbauer und eine konsolidierte weiße Stellung einfach durchgesetzt haben.

Olaf verlor dann an Brett 7 ebenfalls. Gegen einen deutlich höher bewerteten Gegner hatte er gut gegengehalten und die Partie lange offen gehalten. Nach der Zentrumsöffnung kippte die Stellung aber plötzlich sehr schnell zu Gunsten seines Gegners. Eine wirklich befriedigende Verteidigung war auch in der nachträglichen Analyse nicht mehr zu finden.

Ebenfalls gegen einen deutlich höher bewerteten Gegner spielte Yorrick an Brett 8 eine sehr gute Partie, in der er meiner Einschätzung nach nie auf Verlust stand. Das Endspiel war dann totremis, sein Gegner spielte aber noch 20-30 Züge weiter. Damit lullte er aber letztlich wohl mehr sich selbst ein. Ganz am Ende hatte Yorrick dann sogar einmal einen Gewinnweg, ließ diese Chance aber verstreichen. Seis drum, das war eine gute Partie und das Remis ist insgesamt auch das richtige Ergebnis.

Damit war das Spiel schon verloren. Michael konnte mit seinem Sieg an Brett 4 nur noch Ergebniskosmektik betreiben. Im frühen Mittelspiel hatte er zwei Leichtfiguren gegen einen Turm und Bauern „gewonnen“. Sein Gegner „verteidigte“ sich aber auch durch Angriff sehr hartnäckig. Michael musste noch viel arbeiten und seinen König aufmerksam verteidigen, ehe sich seine Leichtfiguren und einige zwischenzeitlich am Damenflügel erarbeiteten Mehrbauern das Spiel zu seinen Gunsten entschieden.

Damit haben wir denkbar knapp mit 4,5:3,5 verloren. Noch bitterer, als dieses Ergebnis normalerweise ist, wird es durch die oben beschriebenen Umstände. Hoffen wir mal, dass der Fokus im nächsten Spiel gegen Agon Neumünster am 21.11. in unserem neuen Spiellokal wieder mehr auf das eigentliche Spiel gelegt werden kann (hoffentlich auch mit besserem Ergebnis). Die weiteren Ergebnisse des Spieltages und die Tabelle findet man beim Ergebnisdienst.

Abschließend soll noch die Auflösung der Aufgabe folgen: 1. … Sf2+ 2. Kh1 Sf3# (die Aufgabe stammte aus meiner Partie; ich hatte das Matt nicht sofort gesehen und erst 2. …Sxh3 gespielt, ehe ich es nach 3. Kh1 doch noch bemerkte und 3. …Sf2+ 4. Kg1 Sf3# spielte).