Verbandsliga A, Runde 1 – DWZ schießt keine Tore

Schwarz am Zug (eine Schlüsselstellung aus der entscheidenden Partie an Brett 2): Wie entschärft man den weißen Angriff am besten?

Gestern bestritt unsere Erste das erste Saisonspiel in Glückstadt. Nach vielen Absagen war ich froh, dass wir immerhin noch zu siebt antreten konnten. Für einen Mannschaftspunkt bräuchten wir beim Vergleich der Aufstellungen aber mehr als nur Glück, so meine Überlegung. Denn an sieben von acht Brettern waren wir – teilweise deutlich – niedriger in der DWZ eingestuft.

Das Spiel lief dann auch zunächst ganz so, wie man es wohl erwarten durfte. Nach ca. 2 Stunden stand es 2,5 : 0,5 für Glückstadt. Neben der kampflosen Partie (Brett 8) hatte auch Börge (Brett 4) leider eine Niederlage hinnehmen müssen. Sein Gegner hatte für einen nachhaltigen, starken Angriff einen Bauern geopfert. Bei korrektem Spiel wäre der letztendlich wohl nicht durchgeschlagen. Börge beging aber zunächst einen ungenauen Zug und stand dann schon sehr unangenehm. Nach einem weiteren Fehler war dann eine Figur weg und die Partie verloren. Das Remis hatte zwischenzeitlich Matthias (Brett 6) erzielt. Ein kleiner Achtungserfolg, da er dies relativ problemlos (in der Partie ereignete sich nicht viel Berichtenswertes) mit Schwarz gegen einen stärker eingestuften Gegner erreichte.

Dann begann das Punktspiel jedoch trotz dieses Rückstandes in unsere Richtung zu kippen, da wir an allen (!) verbliebenen Brettern gut bis besser standen. Den Beginn der Aufholjagd konnte ich (Brett 1) mit einem Sieg markieren. In einer geschlossenen Stellung war es mir gelungen, taktisch einen wichtigen Bauern zu gewinnen. Mein Gegner suchte und fand danach jedoch sehr aktives Gegenspiel. In den folgenden Verstrickungen spielte ich nicht immer optimal und gab meinem Gegner das eine oder andere Mal die Gelegenheit auszugleichen. Mein Gegner nutzte dies aber nicht und gab im Endspiel schließlich auf, da es keinen funktionierenden Aktivplan mehr für ihn gab (obwohl noch die Damen und jeweils ein Turm auf dem Brett waren). Nur noch 2,5 : 1,5 .

Bald darauf erzielte dann Andreas (Brett 5) den Ausgleich. Seine Partie verlief im Prinzip spiegelverkehrt zu Börges Partie. Andreas hatte einen Bauern für nachhaltigen Angriff geopfert, der bei korrektem Spiel wohl aber nicht durchgeschlagen wäre. Sein Gegner beging aber einen einzigen Fehler und verlor entscheidend Material sowie die Partie. Auch die für Andreas schon fast obligatorische Zeitnot konnte diesen Sieg nicht mehr gefährden.

Das Spiel ging bei noch drei verbliebenen Partien nun in die entscheidende Phase, in die wir bei drei guten Stellungen recht optimistisch gehen konnten. Eine Entscheidung wurde jedoch vertagt, da Stephan (Brett 3) laut Aussage seines Gegners einen Qualitätsgewinn verpasste und „nur“ remis spielte. Zuvor hatte Stephan sich ruhig und natürlich aufgebaut und sich von den taktischen Avancen seines Gegners nicht verwirren lassen.

Noch zwei Partien und die Spannung stieg. Michael (Brett 2) hatte drei Leichtfiguren gegen einen Turm. Sein Gegner hatte mit Opfer angegriffen, was Michael mit einem Rückopfer entschärfen wollte (siehe Aufgabe). Statt nun aber sich mit einer ausgeglichenen Stellung zu begnügen, opferte sein Gegner weiter, womit er den Bogen aber überspannte. Das Endspiel sollte nun jedenfalls für Michael gewonnen sein, auch wenn es auf Grund der gegnerischen Freibauern auf der a- und h-Linie noch trickreich war. Clemens wiederum (Brett 7) hatte gegen seinen deutlich erfahreneren und deutlich stärker eingestuften Gegner in der Eröffnung einen Gambitbauern genommen und diesen dann einfach behalten, ohne etwas anbrennen zu lassen. Das war eine sehr starke Partie von ihm. Die Frage war aber nun, ob er die Endspieltechnik und die Nerven für die Verwertung dieser Stellung gegen einen deutlich erfahreneren und stärker eingestuften Gegner schon hat.

In dieser Spannung verging nun wieder einige Zeit, bis Clemens aus einer Position der Stärke heraus einfach mal ein Remis anbot. Auf Grund seiner schlechteren bis verlorenen Stellung nahm sein Gegner an, was für mich die Vorentscheidung bedeutete. Denn Michael (Brett 2) hat die Nerven und die Technik für gewonnene Endspiele und spielte seine Partie konzentriert bis zur Aufgabe des Gegners hinunter, wobei er auch an einer Stelle eine Ausgleichschance zuließ, die der Gegner jedoch verpasste.

Damit hatten wir tatsächlich mit 4,5 : 3,5 gewonnen, was ich vor dem Spiel nicht für möglich gehalten hätte. Noch überraschender als Ergebnis ist für mich noch, dass es auch ein verdienter Sieg war. Dieses Spiel verschafft uns nun etwas Luft für das Saisonziel Klassenerhalt (die Liga ist sehr stark und ausgeglichen besetzt), denn schon in der nächsten Runde steht ein weiteres schweres Auswärtsspiel in Eckernförde an. Die weiteren Ergebnisse und die Tabelle gibt es beim Ergebnisdienst des Schachverbands.

Lösung der Aufgabe: Michael spielte hier 1. …Lxe6, um mit einem Rückopfer den Angriff abzufedern. Sein Gegner opferte jedoch mit 2. f5 Lxf5 3. g4 Sxg4 weiteres Material, womit er den Bogen überspannte. Michael hätte aber auch schon kaltblütig mit 1. … Lg7 Vorteil erlangen können: 2. exf7+ Kxf7 3. Sg5+ Kg8 und der Angriff schlägt nicht durch. Der Turm auf h8 kann langfristig auch durch das Manöver h6, Kh7, Tf8 aktiviert werden.

Sören Koop